Mit der „falschen 9“ zum Fundraising-Erfolg
Die WM läuft am Wochenende ihrem Höhepunkt entgegen und eine Frage beherrscht die Stammtische: Wird Deutschland auch ohne einen „echten“ Mittelstürmer Weltmeister? Ist es nicht besser, mit einer „falschen 9“ zu spielen, um gewinnen zu können?
Mit einer „falschen 9“ wird ein Mittelstürmer bezeichnet, der nicht nur vor dem Tor auf Flanken und Anspiele wartet – um dann das Tor zu schießen – sondern der stärker im Mittelfeld spielt, wodurch mehrere Varianten im Angriff möglich sind. Und der dann plötzlich doch in der Spitze auftaucht und zum Torerfolg kommt. Und die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Das Spiel mit der „falschen 9“ ist durchaus erfolgreich.
Was kann man aus dieser Taktik für das Fundraising lernen?
Viele Organisationen praktizieren Fundraising wie Fußballmannschaften das Spiel mit einem „echten“ Mittelstürmer: Einer steht vorne im Strafraum und soll die Tore schießen – sprich die Spenden und Ressourcen der Förderer einsammeln. Die Mannschaft steht dahinter, spielt die richtigen Flanken, in Form von PR, Materialien und auch guten Projekten mit viel Wirkung; mit dem Tore schießen haben sie aber nur indirekt zu tun.
Wie im Fußball kann so eine Taktik durchaus erfolgreich sein: Experten für die Ansprache und Bitte um Unterstützung sind gut ausgebildet und trainiert; sie wissen, „wie der Ball zu spielen ist“. Bekommen sie die richtigen Vorlagen, klappt alles andere, dann können sie erfolgreich sein und große Summen einwerben.
Aber diese Taktik hat – wie im Fußball – einen großen Nachteil: Alles ist auf die eine Person konzentriert. Verteidiger im Fußball haben gelernt, wie Flanken verhindert und der Mittelstürmer ausgeschaltet werden kann. Werden die Flanken nicht geschlagen, kann es auch sein, dass der Mittelstürmer ziemlich wirkungslos vor dem Tor auf seine Chance wartet.
Genau an dieser Stelle liegt auch das Problem beim Fundraising: Der Fundraiser steht schnell allein auf weiter Flur, wenn er oder sie nicht die richtige Zuarbeit erhält. Fehlende Unterstützung diskutieren wir im Fundraising unter dem Schlagwort „Institutional Readiness“: Nur dann, wenn ein Team auf dem Platz steht, kann am Ende Fundraising erfolgreich sein und die notwendigen Ressourcen eingeworben werden.
Und das Fundraising selbst wird flexibler, wenn es nicht auf wenige Akteure begrenzt wird. Manchmal ist es einfacher, wenn sich Andere – unabhängig, ob sie angestellt sind oder sich freiwillig engagieren – mit am Fundraising beteiligen. Vielleicht sind sie keine gelernten Stürmer, die genau wissen, wie sie sich durchzusetzen haben. Aber es gibt viele Situationen – und das zeigt das Spiel mit der „falschen 9“ – in denen es hierauf gar nicht ankommt. Da kann es dann viel sinnvoller sein, dass ein Mitglied aus dem Vorstand, aus der Projektarbeit oder die Sekretärin Aufgaben im Fundraising übernimmt – und das „Tor schießt“. Denn Fundraising ist immer auch Beziehungsarbeit und da haben Menschen immer unterschiedliche Möglichkeiten und Stile. Was jeweils passt, ist für den Erfolg wichtiger als starre Vorgaben und Rollenzuschreibungen.
Das Spiel im Fußball mit der „falschen 9“ lehrt uns also eine größere Variation, die auch im Fundraising zunehmend notwendig wird. Je direkter der Kontakt zu Spendern und Förderern ist, desto flexibler muss eine Organisation reagieren können. Und desto wichtiger ist es, dass die Person den Kontakt hält und um Unterstützung bittet, die den besten oder einfachsten Zugang hat. Das erhöht den Erfolg und schont die einzusetzenden Ressourcen.
Das heißt dann aber auch, dass die Organisation als Team auf dem Platz gemeinsam den Erfolg im Fundraising will und bereit ist, sich hierfür zu engagieren. Erfolge werden Teams gefeiert, die zusammenstehen und gemeinsam für den Erfolg arbeiten. Dies auf das Fundraising übertragen, hieße, dass die Mannschaftsleistung und der ominöse „Teamgeist“ stimmen müssen, wenn das Fundraising erfolgreich sein soll.
Dr. Kai Fischer
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