Matching-Funds – mit langfristig negativen Auswirkungen?
Matching-Funds gelten vielfach als eine gute Möglichkeit, höhere Spenden zu erhalten. Das ist mehrfach erprobt. Aber welche Effekte ergeben sich langfristig? Wie spenden die Förderer, wenn es keinen Matching-Fund mehr gibt?
Dieser Frage gingen Forscher aus Zürich in einer schon etwas älteren Studie aus 2004 nach. Dort werden Studenten bei jeder Rückmeldung gebeten, für einen bzw. zwei Fonds zu spenden. Für das Feld-Experiment wurden 600 der Studenten zufällig ausgewählt. Ihnen wurde mitgeteilt, dass ihre Spende von einem anonymen Spender aufgestockt werden würde. Beobachtet wurden sowohl die Reaktionen der Studenten auf dieses Angebot als auch ihr Verhalten in den folgenden Semestern, in denen es keinen Matching-Fund mehr gab. Die Kontrollgruppe bestand aus allen anderen Studenten der Hochschule, die jedes Semester um eine Spende (ohne Matching-Fund) gebeten wurden.
Kurzfristig positiver Effekt
Zunächst traten Ergebnisse ein, die zu erwarten waren: Studenten, deren Spende durch einen Matching-Fund aufgestockt wurden, spendeten deutlich mehr. Ebenfalls sehr deutlich wurde: Je höher die Aufstockung, desto größer war der festgestellte Effekt: Eine Aufstockung um 50 % hatte einen höheren Effekt als eine Aufstockung um 25 %, wobei der Zusammenhang bei der Aufstockung um 25% nicht signifikant war.
Langfristig sinkender Ertrag
Völlig unerwartet war jedoch das langfristige Ergebnis. Untersucht wurde in der Studie nämlich auch, wie sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie, die sich ihrer Teilnahme nicht bewusst waren, in den folgenden drei Semestern verhielten. Als im folgenden Semester kein Matching-Fund mehr angeboten wurde, sank die Spendenbereitschaft deutlich ab. Die Spendentätigkeit sank sogar unter das Ausgangsniveau und unter die der Kontrollgruppe. In den folgenden beiden Semestern, in denen ebenfalls kein Matching-Fund mehr angeboten wurde, erholten sich die Spenden, erreichten jedoch nicht wieder den Ausgangswert und die Spendenhöhe der Kontrollgruppe. Insgesamt war damit – trotz der zunächst deutlichen Steigerung der Spenden aufgrund des Matching-Funds – das Ergebnis der Aktion negativ. Mit anderen Worten: Auf längere Sicht wurden aus der Kontrollgruppe pro Kopf höhere Spenden erzielt als aus der Gruppe, die mit dem Matching-Fund konfrontiert war. Eine an sich zunächst erfolgreiche Aktion stellte sich also langfristig als Verlust für die Organisation heraus.
Der Wert des Incentives hat einen Einfluss auf die Spende
Dieser Befund ist für das Fundraising hoch interessant. Wie bekannt ist, kann durch Incentives die Spendenaktivität positiv beeinflusst werden: Mit einem Incentive geben Menschen eher und höhere Beträge. Die Studie aus Zürich zeigt darüber hinaus, dass dies nicht nur für Neuspender, sondern auch für Spender aus dem Bestand gilt. Sie lassen sich durch Incentives verführen. Die Effekte sind gekoppelt an die Höhe des Incentives. Je höher dieses ausfällt, desto höher sind auch die erhaltenen Spenden. Für alle, die planen, mit Incentives zu arbeiten: Der Wert des Incentives hat einen großen Einfluss, der überproportional wirksam ist.
Incentives haben eine eigene Gebe-Logik
Allerdings erzeugen Incentives auch eine eigene Logik des Gebens. Es steht nicht mehr das Ziel der Organisation, die Mission oder die Unterstützung Bedürftiger im Zentrum des Gebens, sondern die Frage, welche ökonomischen Effekte die Spende erzeugt. Je höher der ökonomische Effekt, desto eher und mehr wird gegeben. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Fällt das Incentive weg, sinkt die Bereitschaft zu spenden dramatisch.
Und die Studie zeigt auch deutlich: Die Umstellung der Gebe-Logik ist nachhaltig. Selbst nach drei Perioden schauen die Förderer noch nach dem ökonomischen Effekt ihrer Spenden und haben noch nicht wieder auf die vorher geltende Logik zurückgeschaltet.
Wer also mit Incentives wie Matching-Funds arbeitet, sollte wissen, welche Wirkung diese auf den Förderer haben. Sie stellen eine unmittelbare Beziehung zwischen seiner Spende und dem Incentive her. Ist der Gegenwert zu gering oder fehlt er, kommt es zu keiner Spende. Eine langfristige Beziehung zur Mission und zum Impact der Organisation kommt hingegen nicht zustande und damit auch keine langfristige Bindung an das Anliegen. Einzig weitere Incentives können diese Gruppe der Förderer zum Spenden motivieren.
Dr. Kai Fischer
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