Die drei wichtigsten Herausforderungen für die Strategieentwicklung
Es ist Common Sense, dass strategisches Handeln eine der Grundlagen für erfolgreiches Fundraising ist. So setzen Strategien nicht nur einen dezidierten Planungsprozess voraus, der zu konsistenten Plänen führt, sondern ermöglichen auch eine Fokussierung, damit Ressourcen gebündelt und zielgerichteter eingesetzt werden können. Der Wunsch nach einer überzeugenden Strategie ist also verständlich.
Die Praxis zeigt allerdings, dass die Formulierung sinnvoller Strategien alles andere als einfach ist. Häufig sind es die drei folgenden Herausforderungen, die dabei Schwierigkeiten machen:
1. Formulierung von Zielen
Strategien beschreiben Wege, wie von einem Ausgangspunkt mit den dort vorhandenen Ressourcen und Assets trotz bestehender Herausforderungen und anderer Akteure im Feld ein definiertes Ziel erreicht werden soll. Dies setzt voraus, dass zunächst ein Ziel definiert wird.
Die Formulierung von Zielen hört sich trivial an, ist aber alles andere als einfach. Solange man nur einziges Ziel hat, ist sie noch weitgehend unproblematisch. Aber in der Realität hat man es häufiger mit einem Bündel an Zielen zu tun: Einnahmen sollen erhöht werden, aber die Kosten nicht steigen. Mitarbeitende und Förder:innen sollen partizipativ eingebunden werden. Gleichzeitig soll die Effizienz erhöht werden. Diese Aufzählung von unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Zielen kann beliebig erweitert werden.
In dieser Aufzählung werden zwei Herausforderungen deutlich: Verfolgen Sie mehrere Ziele, können diese einander widersprechen. Die Förderung von Partizipation kann ein wichtiges Ziel sein, ist aber wenig effizient. Auch eine Steigerung von Einnahmen ist ohne Investitionen und damit Kosten selten realistisch zu erreichen, und wenn, dann nur, weil vorher nicht effizient gearbeitet wurde.
Neben möglichen Zielkonflikten erhöht in der Regel die Verfolgung mehrerer Ziele die Komplexität. Dies führt wiederum zu steigenden Kosten, da zusätzliche Management-Kapazitäten benötigt werden. Insofern verwundert es nicht, dass die Formulierung widerspruchsfreier Ziele für eine Organisation ausgesprochen komplex und konfliktbelastet sein kann. Das kann dazu führen, dass eine klare Zielformulierung vermieden wird oder die Ziele zumindest nicht mit Strategien hinterlegt werden, da bei der Formulierung der Strategien eine Widersprüchlichkeit von Zielen deutlich zutage treten würde.
2. Ziele und Maßnahmen statt Wege
Es lässt sich auch beobachten, dass Ziele für Strategien ausgegeben werden. Da heißt es dann: „Unsere Strategie ist die Erhöhung der Einnahmen um 10 Prozent“. Dies ist jedoch ein Ziel und noch keine Strategie. Denn Strategien beschreiben Wege, auf denen Ziele bei gegebenen Ressourcen erreicht werden können. Bei Strategien geht es also um die möglichen Wege und nicht primär um die Ziele, die der Strategie vorgegeben sind.
Ähnlich verhält es sich mit Maßnahmen: „Wir machen jetzt auch Social Media“, ist ebenfalls keine Strategie. Abgesehen von der Frage, welches Ziel damit erreicht werden soll, ist auch unklar, ob die Maßnahme überhaupt zum Ziel führt. Beispielsweise wäre die Frage zu klären, ob die Zielgruppe überhaupt an diesem Touchpoint zu erreichen ist oder für welches taktische Ziel diese Maßnahme geeignet ist.
Was diese Ausführungen zeigen: Strategien definieren Wege, auf denen gegebene Ziel erreicht werden können. Sie sind deshalb weder die Ziele selbst noch die Maßnahmen, die auf dem Weg ergriffen werden müssen. Die Herausforderung besteht zunächst in der Formulierung der Wege.
3. Strategien bedeuten Entscheidungen
Sowohl bei der Formulierung von Zielen als auch bei der Auswahl von Maßnahmen klang es schon an: Wer strategisch handeln will, muss sich an vielen Stellen zwischen unterschiedlichen Optionen entscheiden. Dies jedoch betrifft aber nicht nur Ziele und Maßnahmen, sondern auch strategische Optionen selbst. Häufig gibt es mehrere Wege, die zum Ziel führen könnten. Manchmal sind sie sogar gleichwertig. Dann muss man sich zwischen den verschiedenen Möglichkeiten entscheiden, auch wenn dabei andere, ebenso mögliche Wege zur Zielerreichung ausgeschlossen werden.
Strategische Entscheidungen sind schwierig, weil man sich dabei nicht nur auf einen Weg oder bestimmte Maßnahmen festlegt, sondern gleichzeitig andere Wege und Maßnahmen ausschließt. Damit entstehen jedoch zwei neue Herausforderungen:
- Durch jede Entscheidung verkleinert man den Möglichkeitsraum. Man schließt mit jeder Entscheidung einen Teil potenzieller Förder:innen aus – in der begründeten Hoffnung – und sie muss begründet sein – den anderen Teil dann besser erreichen zu können. Strategie wird damit kontraintuitiv: Statt möglichst viele anzusprechen und mitzunehmen, werden gezielt bestimmte Menschen angesprochen. Dass dies erfolgreich ist, ist zwar durch Erfahrungen belegt, widerspricht aber trotzdem der Intuition.
- In jeder Entscheidung ist immer auch die Möglichkeit eines Fehlers gegeben: Was passiert, wenn man sich für den falschen Weg entscheidet, der sich beispielsweise als deutlich aufwendiger als andere Wege herausstellt oder sogar nicht zum Ziel führt? Solche Fragen begleiten jede Entscheidung. Sie lassen sich auch nicht aufheben. Durch die Entwicklung von Strategien können Entscheidungen aber transparenter gemacht und auf eine rationalere Basis gestellt werden.
Diese beiden Herausforderungen machen strategische Entscheidungen schwierig und tendenziell konfliktträchtig. Sie führen in der Praxis häufig dazu, dass Entscheidung eher gar nicht getroffen oder auch kurzfristig wieder revidiert werden. Beide Verhaltensweisen sind zwar verständlich, helfen aber nicht weiter.
Fazit
Die Entwicklung von Strategien und strategisches Handeln ist einerseits zwar notwendig, um langfristig erfolgreich zu sein, ist aber in der Regel mit einer Reihe von Herausforderungen verbunden. Gerade die Entscheidungsprozesse – ob es sich dabei um die Formulierung von Zielen oder die Auswahl unterschiedlicher strategischer Optionen handelt – können komplex und konfliktträchtig sein. Häufig liegt darin der Grund dafür, wenn Organisationen ohne Strategien handeln. Aber auch dann treffen sie Entscheidungen - nur manchmal weniger erfolgreiche.
Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.
Dr. Kai Fischer
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